Folsäure – wichtig für das Ungeborene

Altersforscher und Kardiologen zählen die Folsäure zu unseren wichtigsten Vitaminen. Sie ist unerlässlich für sämtliche Wachstums- und Entwicklungsprozesse und wird vom Körper für die Zellteilung und Zellneubildung benötigt.

Als Frauenärztin ist die Folsäure für mich noch aus einem anderen Grund von großer Bedeutung: Eine ausreichende Versorgung mit diesem Vitamin in der Frühschwangerschaft vermindert nämlich nachweislich das Risiko von Neuralrohrdefekten wie Spina bifida und Lippen- oder Gaumenspalten.

Spina bifida – auch „offener Rücken“ genannt – zählt zu den häufigsten kindlichen Fehlbildungen. Eines von 1.000 Neugeborenen ist davon im Durchschnitt betroffen. Bei diesem angeborenen Defekt werden Rückenwirbel und Rückenmark nicht vollständig ausgebildet und es entsteht ein Spalt im Wirbelkanal, durch den Nervengewebe freiliegt. Diese Öffnung wird gleich nach der Geburt operativ verschlossen, um Infektionen zu vermeiden. Geheilt kann Spina bifida jedoch nicht werden. Die Langzeitfolgen reichen von Berührungsempfindlichkeit und Lähmungen von Körperteilen der betroffenen Nervenbahnen über Inkontinenz bis zu Fehlstellungen und Wirbelsäulenverkrümmungen. Viele Kinder benötigen auch einen lebenslangen Shunt, um überschüssige Flüssigkeit aus dem Gehirn abzuleiten (Hydrozephalus/Wasserkopf).

Hinweise auf einen offenen Rücken können ab der 16. Schwangerschaftswoche im Ultraschall, spätestens aber beim Organscreening in der 20. SSW (verlinken mit Leistungen) entdeckt werden. Um das genaue Ausmaß des Defektes zu erkennen wird gelegentlich auch ein fetales MRT durchgeführt.

Es gibt – vor allem in den USA – bereits Kliniken, in denen Spina bifida am ungeborenen Kind operiert wird. Ein Video von der Uniklinik Texas finden Sie hier: https://www.youtube.com/playlist?list=PLiN68C9rloPC2S48bt1b4–ThF4Yn6Ba5

Dieser Eingriff bedarf naturgemäß großer Erfahrung einer Spezialklinik, aber es besteht die Hoffnung, dass durch den vorgeburtlichen Verschluss des Defektes die Nervenschädigung geringer ausgeprägt ist und die betroffenen Kinder nicht rollstuhlpflichtig sind.

Damit solche Eingriffe gar nicht erst nötig sind, sollten schon Frauen mit Kinderwunsch auf eine ausreichende Versorgung mit Folsäure achten. Das Vitamin kommt vor allem in grünem Gemüse (v.a. Spinat), Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Zitrusfrüchten und Vollkornprodukten vor.

In meiner Praxis empfehle ich allen Patientinnen eine Folsäureprophylaxe ab Kinderwunsch bis zur 12. SSW, dann ist der Rückenmarksverschluss abgeschlossen.

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